Kompendium-2012-2-Korr 16.02.2012 9:05 Uhr Seite 47 Probedruck C M Y CM MY CY CMY K Allerdings fällt die beobachtbare Erhöhung bei Einwirkung von Schienenverkehrsgeräuschen deutlich stärker aus, als bei den diese Reaktionen ebenfalls hervorrufenden anderen Verkehrs- geräuschen. Dies muss auf die bisher bei der Lärmwirkungsforschung völlig ungenügend berücksichtigte, jedoch physiologisch hoch bedeutsame Spezialisierung des Sinnesorgansystems Gehör für schnelle Pegelanstiege (Warnsinnesorgan, Richtungsdetektion usw.) und die damit gegebene zusätzliche Erregungssteigerung zurückgeführt werden. Tatsächlich liegen die Pegelanstiegsgeschwindigkeiten bei Schienenverkehrsgeräuschen mit – je nach Fahrsituation – 5 bis 21 dB/s im Allgemeinen deutlich höher als diejenigen der anderen Verkehrsgeräusche (Flug: 1,4 bis 3,3; Straße: 1,9 bis 3,7). Was macht Bahnlärm in der Nacht so gefährlich? Durch neuere Erhebungen weitgehend gestützt [Davies & van Kamp, 2008; Selander et al., 2009; Jovanovic et al., 2009], ist die nächtens durch Schallereignisse ausgelöste Stresshormonfreisetzung (insbesondere des sich nur langsam mit Zeitkonstanten von über einer Stunde abbauenden und stark zellmembran-löslichen Cortisols) von großer Bedeutung für längerfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen, vor allem auch für Personen mit erhöhter Vulnerabilität [Hébert & Lupien, 2009; Griefahn & Robens, 2010]. Unter präventiven Gesichtspunkten ist deshalb eine Bezugnahme auf die nächtlichen, durch die akuten Maximalpegel hervorgerufenen Cortisolausscheidungen zur Ableitung von Begrenzungswerten angeraten, weil es kaum einen Zweifel gibt, dass – wenn es zu langfristig krankmachenden Wirkungen durch Nachtlärm oberhalb bestimmter Schallparameter kommt – der wissenschaftlich klarer fundierte Cortisolmechanismus einen wesentlichen Beitrag leistet. Plausibel physiologisch begründbare, auf der Beurteilung tatsächlich einwirkender Maximalpegel auf vegetative Zentren des Gehirns beruhende, präventive Richtwerte wie die physiologische Überproportional-Reaktionsschwelle von Lmax = 63 dB(A) [Lmax, außen = 88 dB(A)] am Tage und die zur Vermeidung von vegetativ problematischer Nachtbelastungen unterhalb von erinnerbaren Aufwachvorgängen aus der möglichen Cortisolkumulation abzuleitende Maximalpegel-Häufigkeits- Paar-Kurve [bzw. der präventive Richtwert Lmax, innen = 53 dB(A) und Lmax, außen = 68 dB(A)] verdeutlichen, dass an schienennahen Wohnlagen eine Minderung der durch die zahlreichen Zugvorbeifahrten verursachten Maximalpegel mit beachtlichen Pegelanstiegsgeschwindigkeiten notwendig ist. www.ibk2010.de/SPRENGstudie.html