Kompendium-2012-2-Korr 17.02.2012 9:25 Uhr Seite 6 Probedruck C M Y CM MY CY CMY K GRUSS- UND VORWORTE Die Problematik der Gesundheitsgefährdung bzw. -schädigung durch Lärm hängt neben der Intensität von der Dynamik der verursachenden Schalle ab. Diese (z. B. die bei Bahngeräuschen besonders ausgeprägte Pegelanstiegsgeschwindigkeit, aber auch schnelle Frequenzänderung) wird ebenso wie die direkt physiologisch wirksamen und bei Bahn- geräuschen im Nahbereich besonders hohen Maxi- malpegel durch die gängige Messung der Mitte- lungs- bzw. Beurteilungspegel leider nicht erfasst. Permanente Öffnung und schnelle Reaktion des Gehörs erklärt die schalldynamisch bewirkten starken Miterregungen der Stammhirnbereiche und des mittelfristig speichernden limbischen Systems, wodurch einerseits vegetativ-humorale Regulations- systeme über das Normalverhalten hinaus aktiviert, destabilisiert und sogar überspielt werden und andererseits Lästigkeitsempfindungen entstehen können. Die vegetativen (Über-)Aktivierungen kön- nen im gesamten Organismus Blutdruckanstiege, Muskelverspannungen, Magnesiumverluste, sowie besonders in der Nacht, Stresshormonausschüt- tungen (z. B. Cortisol), Reduktion des Langsamen- Wellen-Schlafs (Depressionsgefährdung) bewirken. Aus dieser Sicht ist Bahnlärm für die Anwohner als besonders kritischer Risikofaktor einzustufen. „Bahnlärm, ein besonders kritischer Risikofaktor!“ Das Bundesverwaltungsgericht hatte vor Jahren zum Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld festgelegt, dass die Zeit von 0 bis 5 Uhr in der Nacht als „unantastbare Kernzeit“ gelte. Diese Entscheidung geht an den Ergebnissen neuer epi- demiologische Studien und dem Schlafbedürfnis der Bevölkerung vorbei. Erwachsene benötigen im Durchschnitt über 7 Stunden Nachtschlaf, vom 69. Lebensjahr an sogar über 8 Stunden. Eine Viel- zahl epidemiologischer Studien belegt erhebliche Krankheitsrisiken, vor allem für Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, durch Störung des Nachtschlafs durch Fluglärm. Daher kommt das Diktum des Bundesverwaltungsgerichtes einem Freibrief für Körperverletzung gleich. Während die maximalen nächtlichen Dauerschallpegel im Um- feld des Flughafens Köln-Bonn mit 64 dB(A) er- mittelt wurden, liegen die nächtlichen Schienen- lärm-Dauerschallpegel entlang der Rheinschiene um Dimensionen darüber. Deshalb wäre jede Diskussion über die Gesundheitsgefährdung durch nächtlichen Schienenlärm an sich obsolet, wenn die politischen Entscheidungsträger für infrastruk- turelle Konsequenzen nicht harte Zahlen über die gesundheitlichen Folgen des nächtlichen Schienen- lärms zwingend benötigten. Prof. Dr. med. Eberhard Greiser EPI.Consult GmbH „Die Menschen haben ein Recht, von 22 – 7 Uhr schlafen zu können.“ Prof. Dr. Manfred Spreng Leiter der Funktionsabteilung Physiologische Akustik u. Informatik, Universität Erlangen